Kritische Bilanzanalyse der Trillke Wohnen eG aus Anlegersicht

Die Bilanz der Trillke Wohnen eG zum Geschäftsjahr 2022 offenbart eine Mischung aus Stabilität und Herausforderungen. Insbesondere die hohe Verschuldung, der stagnierende Mitgliederbestand sowie der geringe Jahresüberschuss sind Punkte, die Anleger kritisch betrachten sollten. Rechtsanwalt Reime, Experte für Genossenschafts- und Finanzrecht, nimmt im folgenden Interview Stellung zu den Auffälligkeiten der Bilanz.
Interviewer: Herr Reime, die Trillke Wohnen eG weist zum 31. Dezember 2022 eine Bilanzsumme von knapp 1,5 Millionen Euro aus. Wie bewerten Sie den allgemeinen Zustand der Genossenschaft?
Rechtsanwalt Reime: Die Bilanz zeigt auf den ersten Blick eine gewisse Stabilität, was die Beständigkeit des Anlagevermögens betrifft. Der Rückgang von 1,36 Millionen Euro auf 1,33 Millionen Euro im Bereich der Sachanlagen ist nicht dramatisch, deutet jedoch auf geringere Investitionen oder möglicherweise Abgänge hin.
Das Eigenkapital ist leicht gestiegen – von 506.335 Euro im Vorjahr auf 527.819 Euro – was grundsätzlich ein positives Zeichen ist. Der Jahresüberschuss von nur 25.063 Euro ist jedoch verhältnismäßig gering, was für eine Wohnungsgenossenschaft mit langfristigen Verpflichtungen kritisch sein könnte. Anleger sollten dies als Warnsignal für die Rentabilität des Geschäftsmodells betrachten.
Interviewer: Was fällt Ihnen im Bereich der Verbindlichkeiten besonders auf?
Rechtsanwalt Reime: Ein wesentlicher Punkt ist die hohe Verschuldung: Die Verbindlichkeiten betragen 951.500 Euro, was etwa 63 % der Bilanzsumme entspricht. Besonders kritisch ist der hohe Anteil an langfristigen Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren (663.536 Euro). Diese Verbindlichkeiten sind zusätzlich durch Pfandrechte gesichert, was die finanzielle Flexibilität der Genossenschaft einschränkt.
Für Anleger bedeutet dies: Die Genossenschaft ist stark auf Fremdkapital angewiesen. Dies birgt Risiken, gerade in Zeiten steigender Zinsen und höherer Finanzierungskosten.
Interviewer: Wie sieht es mit der Mitgliederentwicklung und den Geschäftsguthaben aus?
Rechtsanwalt Reime: Hier gibt es Anlass zur Sorge. Die Anzahl der Mitglieder ist im Geschäftsjahr gesunken – zwei neue Mitglieder sind eingetreten, jedoch sind vier Mitglieder ausgeschieden. Ende 2022 zählt die Genossenschaft nur noch 95 Mitglieder. Der Rückgang der Geschäftsguthaben um etwa 1.500 Euro ist ein weiterer Indikator dafür, dass die Genossenschaft es nicht schafft, neue Mitglieder zu gewinnen oder bestehende Mitglieder zu halten.
Eine Genossenschaft lebt von der Mitgliederbeteiligung und den eingebrachten Guthaben. Wenn dieser Trend anhält, könnte die finanzielle Basis weiter erodieren. Anleger sollten die Mitgliederentwicklung genau beobachten.
Interviewer: Wie bewerten Sie die Rückstellungen?
Rechtsanwalt Reime: Die Rückstellungen sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen – von 11.232 Euro auf 20.424 Euro. Besonders auffällig sind die höheren Steuerrückstellungen und Rückstellungen für Abschluss- und Prüfungskosten. Dies deutet darauf hin, dass unvorhergesehene Aufwendungen gestiegen sind oder der Verwaltungsaufwand insgesamt höher war.
Für Anleger könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass Betriebskosten schlecht kalkuliert wurden oder die Genossenschaft mit unerwarteten Belastungen kämpft.
Interviewer: Wie ist Ihr Gesamtfazit zur Bilanz der Trillke Wohnen eG?
Rechtsanwalt Reime: Die Bilanz der Trillke Wohnen eG zeigt klare Risiken, die Anleger nicht ignorieren sollten:
- Hohe Verschuldung: Die Fremdkapitalquote ist mit rund 63 % sehr hoch. Langfristige Verbindlichkeiten könnten die Genossenschaft bei steigenden Zinsen in Bedrängnis bringen.
- Schwache Mitgliederentwicklung: Der Rückgang der Mitglieder schwächt die finanzielle Basis der Genossenschaft langfristig. Neue Mitglieder und Geschäftsguthaben sind dringend notwendig.
- Geringe Rentabilität: Der Jahresüberschuss ist niedrig und bietet kaum Spielraum für Ausschüttungen oder notwendige Investitionen.
Positiv hervorzuheben ist die Stabilität des Anlagevermögens und die leichte Erhöhung des Eigenkapitals. Dennoch sollte die Genossenschaft dringend Maßnahmen zur Mitgliedergewinnung, zur Effizienzsteigerung und zur Reduzierung der Fremdkapitalabhängigkeit einleiten.
Interviewer: Was raten Sie Anlegern, die hier investieren möchten?
Rechtsanwalt Reime: Anleger sollten sich die finanzielle Struktur der Genossenschaft genau anschauen und vor allem auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen und des Jahresüberschusses achten. Ein Einstieg könnte sinnvoll sein, wenn die Genossenschaft Maßnahmen zur Entschuldung und zur Ertragssteigerung präsentiert. Ohne diese Schritte bleibt das Risiko hoch, dass die finanzielle Stabilität langfristig gefährdet ist.
Zudem empfehle ich den Anlegern, den Kontakt zur Geschäftsführung zu suchen, um Transparenz zu fordern und sich über zukünftige Investitionspläne und Maßnahmen zur Stabilisierung der Genossenschaft zu informieren.