Interview mit Rechtsanwalt Reime zur Bilanz der Bauwerk eG

Interviewer: Herr Reime, danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, die Bilanz der Bauwerk eG aus Anlegersicht zu bewerten. Welche Punkte fallen Ihnen sofort auf?
RA Reime: Vielen Dank. Diese Bilanz enthält einige Punkte, die Anleger kritisch hinterfragen sollten. Auffällig ist das erhebliche Wachstum des Anlagevermögens von 312.943,15 Euro im Jahr 2021 auf 715.290,12 Euro im Jahr 2022. Besonders die Position der Finanzanlagen, die im Vorjahr noch nicht existent war und nun fast 400.000 Euro ausmacht, ist bemerkenswert. Es ist unklar, welche Art von Investitionen hier getätigt wurde und welches Risiko diese mit sich bringen.
Interviewer: Wie bewerten Sie das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital?
RA Reime: Das Verhältnis ist sehr unausgewogen. Das Eigenkapital beträgt lediglich 24.462,34 Euro, während die Verbindlichkeiten mit 714.884,24 Euro einen überwältigenden Teil der Bilanzsumme ausmachen. Eine solch hohe Fremdfinanzierung ist für Anleger ein erhebliches Risiko, da sie auf eine starke Abhängigkeit von Kreditgebern hinweist. Bei steigenden Zinsen oder finanziellen Engpässen könnte dies schnell zu Problemen führen.
Interviewer: Wie sieht es mit der Liquidität der Bauwerk eG aus?
RA Reime: Die liquiden Mittel sind zwar von 23.755,55 Euro im Jahr 2021 auf 40.681,00 Euro im Jahr 2022 gestiegen, doch angesichts der hohen kurzfristigen Verbindlichkeiten von 19.132,82 Euro ist dies weiterhin sehr knapp bemessen. Eine so geringe Liquiditätsreserve stellt ein Risiko dar, da sie wenig Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben oder Zahlungsausfälle bietet.
Interviewer: Was halten Sie von den Rückstellungen und der Mitgliederstruktur?
RA Reime: Die Rückstellungen haben sich von 4.872,83 Euro auf 22.138,33 Euro erhöht, was auf ein gestiegenes Risikobewusstsein hindeuten könnte. Dennoch bleibt unklar, ob diese Summe ausreicht, um alle potenziellen Verbindlichkeiten abzudecken. Interessant ist auch, dass die Genossenschaft nur vier Mitglieder hat und kein Aufsichtsrat besteht. Dies wirft Fragen zur Kontrolle und Transparenz der Geschäftsführung auf.
Interviewer: Welche weiteren Risiken sehen Sie für Anleger?
RA Reime: Neben der extrem geringen Eigenkapitalquote und der hohen Fremdfinanzierung ist die Position der Finanzanlagen kritisch. Ohne genauere Informationen über deren Zusammensetzung und Risiko ist es für Anleger schwer einzuschätzen, ob diese Investitionen nachhaltig und profitabel sind. Die geringe Anzahl an Mitgliedern und die fehlende Kontrollinstanz durch einen Aufsichtsrat könnten zudem zu Interessenskonflikten führen.
Interviewer: Was würden Sie Anlegern raten, die sich für die Bauwerk eG interessieren?
RA Reime: Anleger sollten sich detailliert über die Finanzanlagen informieren und die Strategie der Genossenschaft hinterfragen. Besonders wichtig ist es, Transparenz über die langfristigen Ziele und die Risikomanagementstrategie zu erhalten. Ohne eine deutlich bessere Eigenkapitalausstattung wäre ich jedoch vorsichtig, hier zu investieren.
Interviewer: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Reime.
RA Reime: Gern geschehen. Es ist essenziell, solche Bilanzen kritisch zu analysieren, um fundierte Anlageentscheidungen zu treffen.