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Interview mit Rechtsanwalt Reime zur Bilanzanalyse der „Modische Linie“ eG

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Frage: Herr Reime, wie bewerten Sie die finanzielle Lage der Frisur und Haarpflege „Modische Linie“ eG aus Sicht eines Anlegers?

Rechtsanwalt Reime: Die Bilanz zeigt eine insgesamt solide finanzielle Lage der Genossenschaft, aber auch einige kritische Punkte. Positiv hervorzuheben ist das hohe Eigenkapital von rund 274.545 Euro, das etwa 72 % der Bilanzsumme ausmacht. Dies spricht für eine grundsätzliche finanzielle Stabilität. Zudem ist das Umlaufvermögen mit über 312.000 Euro hoch, insbesondere die liquiden Mittel mit mehr als 263.000 Euro. Dies deutet auf eine hohe Liquidität hin, was gerade für kleinere Genossenschaften eine gute Ausgangslage ist.

Frage: Gibt es aus rechtlicher oder wirtschaftlicher Sicht problematische Aspekte in der Bilanz?

Rechtsanwalt Reime: Ein kritischer Punkt ist die Entwicklung der Verbindlichkeiten, die bei etwa 77.886 Euro liegen. Auch wenn diese vollständig kurzfristiger Natur sind, kann eine hohe kurzfristige Verschuldung zu finanziellen Engpässen führen, insbesondere wenn Zahlungsströme nicht gut geplant sind. Zudem ist auffällig, dass die Ergebnisrücklagen mit über 180.000 Euro bestehen bleiben, jedoch die Gewinne nur moderat wachsen. Der Jahresüberschuss 2023 von rund 10.440 Euro ist geringer als im Vorjahr (11.951 Euro), was darauf hindeuten könnte, dass das operative Geschäft nicht signifikant wächst.

Frage: Welche Risiken sollten Anleger oder Mitglieder der Genossenschaft beachten?

Rechtsanwalt Reime: Ein Risiko ist die Mitgliederstruktur. Die Genossenschaft hatte 18 Mitglieder, wobei zwei ihre Mitgliedschaft gekündigt haben. Die Geschäftsguthaben der Mitglieder sind mit insgesamt 8.580 Euro sehr gering. Sollte die Mitgliederbasis weiter schrumpfen, könnte dies langfristig zu Finanzierungsproblemen führen, da Genossenschaften stark von ihrer Mitgliederstruktur abhängig sind. Zudem könnte ein Rückgang der Nachfrage oder steigende Betriebskosten die Gewinnsituation weiter belasten.

Frage: Welche rechtlichen Besonderheiten gelten für Anleger in einer Genossenschaft wie dieser?

Rechtsanwalt Reime: Genossenschaften sind eine besondere Rechtsform, bei der Mitglieder gleichzeitig Teilhaber sind. Die Haftung ist in der Regel auf die Einlage beschränkt, was das Risiko für Mitglieder begrenzt. Allerdings haben Mitglieder nur begrenzten Einfluss auf die Geschäftsführung. Die Tatsache, dass kein Kredit bei Banken besteht, ist positiv, weil keine Abhängigkeit von externen Geldgebern besteht. Aber es bleibt fraglich, ob das Geschäftsmodell nachhaltig genug ist, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Frage: Was würden Sie potenziellen Mitgliedern oder Investoren empfehlen?

Rechtsanwalt Reime: Interessenten sollten sich genau mit der Geschäftsstrategie der Genossenschaft auseinandersetzen. Die Bilanz zeigt zwar eine gesunde Liquiditätslage, aber das Wachstumspotenzial scheint begrenzt. Falls eine Expansion geplant ist, wäre eine Erhöhung der Mitgliederzahl oder eine Verbesserung der Ertragslage notwendig. Mitglieder sollten sich darüber bewusst sein, dass ihre Rendite nicht in hohen Ausschüttungen, sondern eher in stabilen Mitgliedervorteilen liegt.

Frage: Abschließend, welche Maßnahmen könnten die finanzielle Stabilität der Genossenschaft weiter stärken?

Rechtsanwalt Reime: Die Genossenschaft könnte ihre Einnahmen steigern, indem sie neue Dienstleistungen oder Kooperationen eingeht. Zudem wäre eine aktive Mitgliederwerbung sinnvoll, um die Kapitalbasis zu erweitern. Ein gezieltes Kostenmanagement, insbesondere im Bereich Personal und Betriebskosten, könnte helfen, die Gewinne zu steigern. Auch eine Überprüfung der Rückstellungen wäre ratsam, um sicherzustellen, dass diese nicht zu hoch angesetzt sind und Kapital ungenutzt gebunden bleibt.

Frage: Vielen Dank für Ihre Einschätzungen, Herr Reime.

Rechtsanwalt Reime: Gern geschehen.

 

 

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