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Interview mit Rechtsanwalt Reime: „Genossenschaften bekommen 2025 endlich die öffentliche Aufmerksamkeit, die sie verdienen“

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Frage: Herr Reime, das Land Baden-Württemberg hat 2025 zum Jahr der Genossenschaften erklärt. Was halten Sie als Jurist und Experte für Unternehmensstrukturen von dieser Initiative?

Rechtsanwalt Reime: Ich begrüße das ausdrücklich. Genossenschaften haben in Deutschland eine lange, tief verwurzelte Tradition – sie sind ein Rechtsformklassiker, der oft unterschätzt wird. Dass das Land Baden-Württemberg nun ein ganzes Themenjahr dieser Struktur widmet, ist nicht nur ein politisches, sondern auch ein wirtschaftliches Statement. Es wird Zeit, dass diese tragende Säule der Wirtschaft mehr Sichtbarkeit bekommt.

Frage: Die Initiative steht unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Glauben Sie, dass damit auch eine politische Aufwertung verbunden ist?

Reime: Auf jeden Fall. Eine solche Schirmherrschaft verleiht dem Jahr Gewicht – auch auf Bundesebene. Genossenschaften stehen oft im Schatten großer Konzerne oder börsennotierter Unternehmen, obwohl sie demokratisch organisiert sind, lokale Wertschöpfung fördern und wirtschaftlich stabil aufgestellt sind. Wenn ein Ministerpräsident das betont, kann das auch zu einem Umdenken in der Förderpolitik oder der Gesetzgebung führen.

Frage: Im Jahr der Genossenschaften sollen Veranstaltungen, Projekte und Aktivitäten stattfinden. Was könnte aus Ihrer Sicht dabei im Mittelpunkt stehen?

Reime: Entscheidend ist, dass die Vielfalt der genossenschaftlichen Modelle gezeigt wird – vom Energieversorger über Wohnungsbau bis hin zu Pflege- und Dienstleistungsgenossenschaften. Viele Menschen wissen gar nicht, wie präsent Genossenschaften im Alltag sind. Es wäre auch wünschenswert, dass rechtliche und unternehmerische Bildung gefördert wird – etwa durch Workshops, in denen junge Gründer lernen, wie man eine Genossenschaft gründet und rechtlich korrekt führt.

Frage: Könnte das Themenjahr auch neue Genossenschaften anstoßen?

Reime: Ja, davon bin ich überzeugt. Die Gründung einer Genossenschaft ist nicht komplizierter als bei anderen Gesellschaftsformen, aber oft fehlt das Wissen um die Vorteile: Mitbestimmung, wirtschaftliche Selbsthilfe und langfristige Stabilität. Wenn durch das Jahr 2025 mehr Gründer erkennen, dass die Genossenschaft eine zeitgemäße Alternative ist – gerade auch im ländlichen Raum oder im sozialen Bereich –, dann hat die Initiative ihren Zweck erfüllt.

Frage: Welche Rolle spielt das Thema Rechtssicherheit in diesem Kontext?

Reime: Eine sehr große. Genossenschaften müssen professionell geführt werden. Dazu gehört eine solide Satzung, rechtssichere Mitgliedermodelle, klare Geschäftsordnungen und eine saubere Buchführung. Ich sehe oft, dass gute Ideen an mangelnder rechtlicher Beratung scheitern. Deshalb sollte das Themenjahr auch dazu dienen, Netzwerke zwischen Gründern, Juristen und Wirtschaftsprüfern zu stärken.

Frage: Ein Jahr der Genossenschaften klingt ambitioniert. Was wäre für Sie ein konkreter Erfolg?

Reime: Wenn nach dem Jahr 2025 mehr Menschen Genossenschaften nicht nur mit Volksbanken und Raiffeisen-Märkten verbinden, sondern mit innovativen Lösungen für regionale Versorgung, Digitalisierung, Energie oder Wohnen. Und wenn dabei auch rechtlich gut aufgestellte Neugründungen entstehen, die nachhaltig wirken. Dann hätte das Land Baden-Württemberg ein starkes Signal für die Wirtschaft von morgen gesendet.

Frage: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Reime.

Reime: Gern geschehen. Ich bin gespannt, welche Impulse dieses Jahr auslösen wird – auch über Baden-Württemberg hinaus.

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