Ausschluss von Mitgliedern und Beendigung der Mitgliedschaft

Gliederung:
1. Einführung: Beendigung der Mitgliedschaft in der Genossenschaft
2. Ausschluss von Mitgliedern
Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen (§ 8 GenG)
Gründe für den Ausschluss
Verfahren und formale Anforderungen
3. Kündigung der Mitgliedschaft durch das Mitglied
Ordentliche Kündigung (§ 65 GenG)
Sonderkündigungsrechte
4. Rückzahlung von Geschäftsanteilen
Rechtsansprüche und Satzungsregelungen (§ 73 GenG)
Verzögerungen und Streitfälle
5. Streitigkeiten bei der Beendigung der Mitgliedschaft
Rechtliche Auseinandersetzungen über Ausschluss oder Rückzahlung
Beispiele aus der Rechtsprechung
6. Fallstudie: Streit um die Berechtigung eines Ausschlusses
7. Fazit: Klare Regeln und faire Verfahren
Einleitung: Beendigung der Mitgliedschaft in der Genossenschaft
Die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft ist freiwillig und kann sowohl durch das Mitglied als auch durch die Genossenschaft beendet werden. Während die Kündigung durch das Mitglied meist problemlos verläuft, kann der Ausschluss durch die Genossenschaft zu erheblichen Konflikten führen. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen, typischen Streitpunkte und relevante Urteile zur Beendigung der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft.
1. Ausschluss von Mitgliedern
Der Ausschluss eines Mitglieds aus der Genossenschaft ist ein erheblicher Eingriff in dessen Rechte und bedarf klarer gesetzlicher und satzungsmäßiger Grundlagen.
1.1 Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen (§ 8 GenG)
§ 8 Abs. 1 GenG: Ein Mitglied kann ausgeschlossen werden, wenn die Satzung dies vorsieht und ein entsprechender Ausschlussgrund vorliegt.
Erforderliche Voraussetzungen:
Klare Regelung in der Satzung,
Ausschlussgründe, die nachvollziehbar und begründet sind,
Einhaltung der Verfahrensvorschriften.
1.2 Gründe für den Ausschluss
Typische Ausschlussgründe sind:
Pflichtverletzungen: Nichterfüllung der Beitragspflichten, Missachtung von Satzungsregelungen.
Schädigung der Genossenschaft: Rufschädigende Aussagen oder Handlungen, die dem Geschäftsbetrieb schaden.
Verstöße gegen die Mitgliedspflichten: Fehlverhalten, das gegen die Grundsätze der Genossenschaft verstößt.
1.3 Verfahren und formale Anforderungen
Das Ausschlussverfahren muss den Grundsätzen der Fairness und Transparenz entsprechen:
Schriftliche Mitteilung der Gründe an das Mitglied.
Möglichkeit zur Stellungnahme des betroffenen Mitglieds.
Beschlussfassung durch ein satzungsmäßig zuständiges Organ, meist den Vorstand oder Aufsichtsrat.
Rechtsprechung:
BGH, Urteil vom 16.03.2017 (Az. II ZR 12/16):
Ein Ausschluss ist unwirksam, wenn dem Mitglied keine Gelegenheit zur Verteidigung gegeben wurde.
2. Kündigung der Mitgliedschaft durch das Mitglied
Neben dem Ausschluss besteht die Möglichkeit, dass Mitglieder ihre Mitgliedschaft freiwillig kündigen.
2.1 Ordentliche Kündigung (§ 65 GenG)
Mitglieder können ihre Mitgliedschaft durch schriftliche Erklärung kündigen.
Die Kündigungsfrist beträgt in der Regel zwei Jahre (§ 65 Abs. 2 GenG), sofern die Satzung keine abweichenden Regelungen enthält.
2.2 Sonderkündigungsrechte
In besonderen Fällen, wie einer Satzungsänderung oder einer Fusion, können Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht ausüben.
Beispiel: Ein Mitglied kündigt, weil die Genossenschaft ihren Förderzweck verändert hat (z. B. von Wohnungsbau zu Gewerbeimmobilien).
3. Rückzahlung von Geschäftsanteilen
Die Rückzahlung von Geschäftsanteilen ist ein häufiges Streitthema bei der Beendigung der Mitgliedschaft.
3.1 Rechtsansprüche und Satzungsregelungen (§ 73 GenG)
Gemäß § 73 GenG hat das ausscheidende Mitglied Anspruch auf Auszahlung seines Geschäftsanteils.
Die Satzung kann festlegen:
Zeitpunkt der Auszahlung (z. B. nach Erstellung des Jahresabschlusses),
Berechnung des Anteilswertes.
3.2 Verzögerungen und Streitfälle
Verzögerungen bei der Auszahlung können auftreten, wenn:
Die Genossenschaft finanzielle Schwierigkeiten hat,
Der Geschäftsanteil um Verluste gekürzt wird.
Rechtsprechung:
BGH, Urteil vom 12.10.2020 (Az. II ZR 178/19):
Ein Mitglied hat Anspruch auf rechtzeitige Rückzahlung seines Anteils, sofern die Satzung keine abweichenden Regelungen vorsieht.
4. Streitigkeiten bei der Beendigung der Mitgliedschaft
4.1 Rechtliche Auseinandersetzungen über Ausschluss
Häufige Streitpunkte:
Fehlen eines wirksamen Ausschlussgrundes,
Verletzung des rechtlichen Gehörs,
Unklare Regelungen in der Satzung.
4.2 Streitigkeiten über Rückzahlung
Konflikte entstehen oft, wenn Mitglieder der Ansicht sind, dass ihre Anteile zu Unrecht gekürzt wurden.
Beispiele:
Abzüge aufgrund von Verlusten,
Streit über die Bewertung von Geschäftsanteilen.
5. Fallstudie: Streit um die Berechtigung eines Ausschlusses
Fall:
Ein Mitglied wird wegen wiederholter Verstöße gegen die Satzung aus einer Wohnungsbaugenossenschaft ausgeschlossen. Das Mitglied bestreitet die Vorwürfe und klagt gegen den Ausschluss.
Analyse:
Rechtslage: Der Ausschluss muss auf einer klaren Satzungsregelung beruhen und im Einklang mit § 8 GenG stehen.
Entscheidung: Das Gericht erklärt den Ausschluss für unwirksam, da dem Mitglied keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.
6. Fazit: Klare Regeln und faire Verfahren
Die Beendigung der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft ist ein sensibler Prozess, der sowohl die Rechte der Mitglieder als auch die Interessen der Genossenschaft berücksichtigt. Klare Satzungsregelungen und ein faires Verfahren sind entscheidend, um Konflikte zu vermeiden. Im Streitfall bieten Rechtsprechung und gesetzliche Vorgaben eine verlässliche Grundlage, um berechtigte Ansprüche durchzusetzen oder unrechtmäßige Maßnahmen abzuwehren.