Genossenschaftsbanken unter Druck: Vom einstigen Partner der Mitglieder zur teuren Filialbank?

Genossenschaftsbanken gelten traditionell als kundennahe und bodenständige Institute – gegründet aus dem Gedanken der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Solidarität. Ihre Wurzeln reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, als sie gegründet wurden, um kleinen Handwerkern, Bauern und Bürgern Zugang zu Finanzdienstleistungen zu ermöglichen, die ihnen die Großbanken oft verwehrten. Der Slogan „Was einer nicht schafft, das schaffen viele“ war jahrzehntelang nicht nur ein Werbeversprechen, sondern gelebte Realität.
Doch inzwischen gerät das Image der Genossenschaftsbanken zunehmend ins Wanken. Kundinnen und Kunden berichten von steigenden Gebühren, intransparenten Beratungsleistungen und teils fragwürdigen Anlageempfehlungen. Der Vorwurf: Die Banken agieren längst nicht mehr im Sinne ihrer Mitglieder, sondern nutzen deren Vertrauen für eine renditeorientierte Geschäftspolitik aus – eine Entwicklung, die Kritiker unter dem Schlagwort „Abzocke unter dem Deckmantel der Genossenschaft“ zusammenfassen.
Kontoführungsgebühren und Entgelte – Kritik an der Preisgestaltung
Viele Genossenschaftsbanken haben in den vergangenen Jahren ihre Kontomodelle überarbeitet – meist zulasten der Kundschaft. Gebühren für Überweisungen in Papierform, für das Abheben am Schalter, für Kontoauszüge oder sogar für Beratungsgespräche sind inzwischen keine Ausnahme mehr. Selbst Rentner und langjährige Mitglieder werden nicht verschont. Ein einfaches Girokonto, das früher als Grundversorgung galt, kann heute schnell 100 Euro oder mehr pro Jahr kosten – und das oft, ohne dass sich der Service verbessert hätte.
Dabei sind viele Genossenschaftsbanken nach wie vor regional monopolartig aufgestellt: Gerade im ländlichen Raum gibt es häufig keine echte Konkurrenz – ein Umstand, den Kritiker als ausnutzungsanfällig bezeichnen.
Problematische Anlageberatung: Interessenkonflikte?
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Finanzberatung. Immer wieder berichten Verbraucherschützer, dass Genossenschaftsbanken Kundinnen und Kunden riskante oder teure Anlageprodukte empfehlen – oft aus dem eigenen Haus oder von verbundenen Partnergesellschaften. Provisionen und Abschlussprämien stehen dabei nicht selten im Vordergrund. Die Frage stellt sich: Handelt es sich hier um eine unabhängige Beratung im Mitgliederinteresse – oder um Verkaufsdruck im Namen der Bank?
Besonders heikel: Viele Kunden vertrauen ihrer Genossenschaftsbank über Jahrzehnte – teils blind. Wenn dann ein überteuerter Bausparvertrag, eine provisionsreiche Fondslösung oder ein schlecht kalkulierter Riester-Vertrag zum Verlustgeschäft wird, ist das Vertrauen schnell erschüttert.
Demokratische Mitbestimmung – nur auf dem Papier?
Ein zentrales Element der Genossenschaftsbanken ist das Prinzip der Mitbestimmung: Jedes Mitglied hat eine Stimme, unabhängig von der Höhe seiner Einlagen. Doch in der Praxis ist der Einfluss vieler Mitglieder begrenzt. Generalversammlungen finden selten statt, sind oft wenig transparent und werden von professionellen Gremien dominiert. Kritische Stimmen verpuffen häufig wirkungslos.
Insbesondere in Fusionen kleinerer Genossenschaftsbanken mit größeren Instituten sehen viele Beobachter eine zunehmende Zentralisierung – zum Nachteil der Mitgliederinteressen.
Verbraucherschützer fordern Reformen
Die Verbraucherzentralen fordern seit Langem mehr Transparenz, faire Gebührenstrukturen und eine konsequent am Mitglied ausgerichtete Beratung. Auch die Finanzaufsicht schaut inzwischen genauer hin. Einige Urteile der letzten Jahre – etwa zu unzulässigen Gebührenerhöhungen ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden – haben gezeigt, dass der rechtliche Spielraum enger wird.
Doch viele Betroffene wünschen sich nicht nur juristische Korrekturen, sondern eine Rückbesinnung der Genossenschaftsbanken auf ihren eigentlichen Kern: Dienstleister für ihre Mitglieder zu sein – nicht verkappte Renditejäger mit sozialem Anstrich.