Interview mit Rechtsanwalt Reime: „Kritische Bilanzanalyse der ANSAFAMA eG – Ein Blick aus Anlegersicht“

Interviewer: Herr Reime, wie bewerten Sie den vorgelegten Jahresabschluss der ANSAFAMA eG aus Anlegersicht?
Rechtsanwalt Reime: Die Bilanz der ANSAFAMA eG zeigt Licht- und Schattenseiten. Es gibt positive Entwicklungen, wie die Steigerung des Eigenkapitals und den Jahresüberschuss. Gleichzeitig werfen die hohen Verbindlichkeiten und einige auffällige Verschiebungen Fragen auf, die potenzielle Anleger berücksichtigen sollten.
Positive Entwicklungen: Eigenkapital und Liquidität
Interviewer: Was sind aus Ihrer Sicht die positiven Aspekte der Bilanz?
Rechtsanwalt Reime: Das Eigenkapital ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, von 1,18 Millionen € auf 1,32 Millionen €. Dies ist eine solide Grundlage, die Stabilität signalisiert. Zudem hat sich der Kassenbestand erheblich verbessert – von nur 165.615 € im Vorjahr auf beeindruckende 1,23 Millionen € zum Jahresende 2022. Das deutet auf eine erhöhte Liquidität hin, was für die kurzfristige Zahlungsfähigkeit der Genossenschaft spricht.
Kritische Punkte: Hohe Verbindlichkeiten und Verschiebungen
Interviewer: Welche Aspekte der Bilanz sehen Sie kritisch?
Rechtsanwalt Reime: Die Verbindlichkeiten sind von 2,3 Millionen € auf 3,51 Millionen € gestiegen, ein alarmierender Anstieg um über 50 %. Besonders kritisch ist, dass rund 2,06 Millionen € dieser Verbindlichkeiten innerhalb eines Jahres fällig sind. Das belastet die kurzfristige Liquidität trotz des gestiegenen Kassenbestands erheblich. Auch die stark reduzierten Forderungen – von 707.385 € auf 157.385 € – werfen Fragen auf. Es bleibt unklar, ob diese Rückgänge durch Zahlungseingänge oder Abschreibungen entstanden sind.
Entwicklung des Anlagevermögens
Interviewer: Wie bewerten Sie den Anstieg des Anlagevermögens?
Rechtsanwalt Reime: Das Anlagevermögen hat sich deutlich erhöht, insbesondere bei den Sachanlagen, die von 1,24 Millionen € auf 2,07 Millionen € gestiegen sind. Das könnte auf Investitionen in neue Projekte oder Erweiterungen hindeuten. Anleger sollten jedoch prüfen, ob diese Investitionen tatsächlich rentabel sind und einen Mehrwert schaffen oder ob sie Risiken bergen.
Eigenkapitalquote und finanzielle Abhängigkeit
Interviewer: Was sagen die Eigenkapitalquote und die finanzielle Abhängigkeit über die Stabilität der ANSAFAMA eG aus?
Rechtsanwalt Reime: Die Eigenkapitalquote liegt bei etwa 27 %, was für eine Genossenschaft akzeptabel, aber nicht herausragend ist. Die hohe Abhängigkeit von Fremdkapital, insbesondere den kurzfristigen Verbindlichkeiten, birgt jedoch Risiken. Sollte die ANSAFAMA eG Schwierigkeiten haben, diese Verbindlichkeiten rechtzeitig zu bedienen, könnte dies die Stabilität erheblich beeinträchtigen.
Empfehlungen für potenzielle Anleger
Interviewer: Welche Empfehlungen geben Sie potenziellen Anlegern?
Rechtsanwalt Reime: Anleger sollten sich genau über die Struktur der Verbindlichkeiten und die geplanten Investitionen informieren. Es ist wichtig zu verstehen, ob die Genossenschaft in der Lage ist, ihre kurzfristigen Schulden zu bedienen. Zudem sollte geprüft werden, wie die Genossenschaft plant, ihre Ertragskraft weiter zu steigern, um langfristig eine stabile Grundlage zu schaffen. Vorsicht ist bei der hohen Fremdkapitalquote geboten, insbesondere wenn diese nicht durch ausreichend gesicherte Einnahmen gedeckt ist.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzungen und die kritische Analyse.
Rechtsanwalt Reime: Sehr gern. Eine fundierte Analyse ist für Anleger unerlässlich, um informierte Entscheidungen zu treffen und mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen.
- ANSAFAMA eG