#Genossenschaften

Interview mit Rechtsanwalt Reime zur Bilanzanalyse der Agrogenossenschaft Schiffmühle eG

interview, recruitment, job

Frage: Herr Reime, wie bewerten Sie die finanzielle Lage der Agrogenossenschaft Schiffmühle eG aus Anlegersicht?

Rechtsanwalt Reime: Die Bilanz zeigt eine insgesamt solide wirtschaftliche Situation mit einem deutlichen Anstieg des Eigenkapitals auf rund 1,48 Millionen Euro. Dies ist grundsätzlich ein positives Signal, da es auf eine nachhaltige Kapitalstruktur hindeutet. Besonders der hohe Jahresüberschuss von über 187.000 Euro ist bemerkenswert und zeigt, dass die Genossenschaft operativ profitabel wirtschaftet.

Frage: Gibt es aus Ihrer Sicht auch kritische Aspekte in der Bilanz?

Rechtsanwalt Reime: Ja, einige Punkte sind durchaus kritisch zu betrachten. Die Verbindlichkeiten sind mit über 1,87 Millionen Euro weiterhin sehr hoch und machen mehr als 50 % der Bilanzsumme aus. Besonders bedenklich ist, dass ein erheblicher Teil der Verbindlichkeiten langfristiger Natur ist, was die finanzielle Flexibilität einschränkt. Zudem sind rund 1,61 Millionen Euro der Verbindlichkeiten durch Pfandrechte oder ähnliche Sicherheiten gedeckt, was das finanzielle Risiko für die Genossenschaft erhöht.

Frage: Welche Risiken ergeben sich für die Mitglieder der Genossenschaft?

Rechtsanwalt Reime: Das Hauptrisiko für die Mitglieder liegt in der geringen Anzahl aktiver Mitglieder. Aktuell gibt es nur elf Genossenschaftsmitglieder, und im letzten Geschäftsjahr sind keine neuen Mitglieder hinzugekommen. Dies kann langfristig zu Finanzierungsproblemen führen, insbesondere wenn einzelne Mitglieder ausscheiden. Zudem beträgt die Haftsumme der Mitglieder zusammen nur 22.100 Euro, was bedeutet, dass die Genossenschaft stark von externen Finanzierungen abhängig bleibt.

Frage: Welche rechtlichen Besonderheiten sollten Investoren oder Mitglieder der Genossenschaft beachten?

Rechtsanwalt Reime: Mitglieder einer Genossenschaft haften in der Regel nur mit ihrer Einlage, sodass das persönliche Risiko überschaubar bleibt. Allerdings sollten sich Investoren bewusst sein, dass ihre Einflussmöglichkeiten begrenzt sind und strategische Entscheidungen überwiegend vom Vorstand und Aufsichtsrat getroffen werden. Zudem sollte man die Finanzierungssituation genau im Blick behalten, da ein hoher Anteil an langfristigen Verbindlichkeiten immer ein gewisses Risiko birgt.

Frage: Gibt es Maßnahmen, die die finanzielle Stabilität der Genossenschaft weiter verbessern könnten?

Rechtsanwalt Reime: Eine Reduzierung der langfristigen Schulden wäre wünschenswert, um die finanzielle Flexibilität zu erhöhen. Zudem könnte eine verstärkte Mitgliederwerbung helfen, um die Kapitalbasis zu verbreitern und die Abhängigkeit von Fremdfinanzierungen zu verringern. Auch eine Diversifizierung der Einnahmequellen, beispielsweise durch zusätzliche landwirtschaftliche Dienstleistungen oder neue Geschäftsfelder, könnte zur Risikominimierung beitragen.

Frage: Welchen Rat geben Sie potenziellen Anlegern oder Genossenschaftsmitgliedern?

Rechtsanwalt Reime: Potenzielle Investoren sollten sich genau mit der strategischen Ausrichtung und der finanziellen Entwicklung der Genossenschaft auseinandersetzen. Trotz der positiven Eigenkapitalentwicklung bestehen weiterhin hohe Verbindlichkeiten und eine geringe Mitgliederzahl. Eine langfristige Bindung an die Genossenschaft sollte nur dann eingegangen werden, wenn man sich mit den Risiken bewusst auseinandergesetzt hat. Mitglieder sollten zudem darauf achten, dass die Geschäftsführung eine nachhaltige Finanzstrategie verfolgt, um langfristig stabile Erträge zu sichern.

Frage: Vielen Dank für Ihre Einschätzungen, Herr Reime.

Rechtsanwalt Reime: Gern geschehen.

 

 

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert