Provisionen für die Einwerbung neuer Mitglieder: Zulässigkeit in der Genossenschaft

Die Frage, ob eine Genossenschaft Provisionen für die Einwerbung neuer Mitglieder zahlen darf, ist rechtlich komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hierbei müssen die Vorgaben des Genossenschaftsgesetzes (GenG) sowie die satzungsmäßigen Regelungen der jeweiligen Genossenschaft berücksichtigt werden.
- Grundsatz der Mitgliederförderung
Eine Genossenschaft ist nach dem Genossenschaftsgesetz (§ 1 GenG) darauf ausgerichtet, ihre Mitglieder zu fördern. Das bedeutet, dass sie in erster Linie im Interesse ihrer Mitglieder handeln muss. Diese Förderung kann sich wirtschaftlich, sozial oder kulturell äußern. Das Einwerben neuer Mitglieder sollte in diesem Kontext ebenfalls der Mitgliederförderung dienen und nicht primär auf Gewinnerzielung oder Marketing ausgerichtet sein.
- Erlaubnis zur Zahlung von Provisionen
Das Genossenschaftsgesetz enthält keine ausdrückliche Regelung, die die Zahlung von Provisionen für die Mitgliederwerbung verbietet. Somit ist dies grundsätzlich möglich, sofern:
- die Satzung der Genossenschaft solche Zahlungen nicht ausschließt, und
- die Zahlung der Provisionen im Rahmen des genossenschaftlichen Zwecks erfolgt.
Provisionen dürfen dabei nicht in einem Maß gezahlt werden, das den Eindruck erweckt, die Mitgliedschaft in der Genossenschaft sei lediglich ein Mittel zum Geldverdienen, ohne dass die Mitglieder ernsthaft an den Zielen der Genossenschaft interessiert sind.
- Satzungsregelungen
Die Satzung der Genossenschaft kann spezifische Regelungen enthalten, die die Zahlung von Provisionen entweder zulassen oder einschränken. Falls die Satzung keine ausdrücklichen Bestimmungen enthält, sollte der Vorstand prüfen, ob solche Zahlungen im Einklang mit dem genossenschaftlichen Zweck stehen.
- Beispiel einer Satzungsregelung: „Die Genossenschaft kann für die Vermittlung neuer Mitglieder eine angemessene Provision zahlen, sofern dies der Förderung des genossenschaftlichen Zwecks dient.“
Ohne eine entsprechende Klausel könnten Zahlungen problematisch sein, da sie möglicherweise als zweckwidrige Mittelverwendung angesehen werden.
- Wettbewerbsrechtliche Aspekte
Provisionen für Mitgliederwerbung müssen auch den Vorschriften des Wettbewerbsrechts entsprechen. Sie dürfen nicht irreführend sein oder den Eindruck erwecken, dass durch die Mitgliedschaft allein ein finanzieller Vorteil erzielt werden kann, ohne dass ein echter Bezug zum Förderzweck der Genossenschaft besteht.
- Steuerliche Implikationen
Die Zahlung von Provisionen kann steuerliche Konsequenzen haben. Sie müssen ordnungsgemäß verbucht und versteuert werden. Werden Provisionen gezahlt, die nicht dem genossenschaftlichen Zweck dienen, könnten diese Zahlungen von den Finanzbehörden als zweckfremde Mittelverwendung angesehen werden, was negative steuerliche Folgen haben könnte.
- Prüfung durch den Prüfungsverband
Genossenschaften unterliegen der regelmäßigen Prüfung durch einen Prüfungsverband. Bei solchen Prüfungen kann die Zahlung von Provisionen kritisch hinterfragt werden, insbesondere wenn sie in erheblichem Umfang erfolgt oder der Satzung widerspricht.
Fazit
Grundsätzlich darf eine Genossenschaft Provisionen für die Einwerbung neuer Mitglieder zahlen, sofern dies nicht gegen das Genossenschaftsgesetz, die Satzung oder wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstößt. Eine sorgfältige rechtliche Prüfung und gegebenenfalls eine Anpassung der Satzung sind ratsam, um mögliche rechtliche und steuerliche Risiken zu minimieren.